Münchner Bilderbogen Nr. 887
 von Arne Schöfert

Der 39. Bogen zum Überthema „Die Welt in Bilder“, ist mit dem Untertitel „Afrika“Münchner Bilderbogen Nr.887 versehen. Im Erscheinungsjahr 1884 kam es zu den ersten Flaggenhissungen in Kamerun, Togo und Deutsch-Südwestafrika. Die Herausgabe dieses Bogens ist eindeutig eine Reaktion auf diese neue Entwicklung.

Der dreigeteilte Bogen wurde vom damals sehr bekanntem Tiermaler Heinrich Leutemann gestaltet. Der obere Teil zeigt eine Szene aus Kamerun, der mittlere aus dem Kongogebiet und der untere aus Angra-Pequena, dem Küstenort vom Lüderitzland, dem späteren Deutsch-Südwestafrika.

 

Betrachten wir die einzelnen Streifen genauer:

Auf Bild 1 werden wir Zeugen einer Verhandlung zwischen Eingeborenen und deutschen Kaufleuten in Kamerun. Da zu dieser Zeit praktisch nur Kontakte zu den Dualas im Küstengebiet bestanden, ist die Zuordnung klar.
Vor den grasbedeckten Hütten, sitzen die Europäer auf ihren Klappstühlen und schauen zu einem Übersetzer, der gestenreich vermittelt. Er sticht durch seine Jacke im europäischen Stil und Wickelrock aus dem sonst vorherrschenden Bild heraus. Anscheinend ist das ganze Dorf anwesend, ein Zeichen, wie bedeutsam der Besuch der Fremden gewesen sein dürfte.

 
 

Das zweite Bild fällt etwas aus dem Schema, weil keine deutsche Kolonie gezeigt wird. Das Kongogebiet war zum damaligen Zeitpunkt noch ein „herrenloses Gebiet“, zumindest, was das Fehlen einer europäischen Kolonialmacht betraf. Erst ein Jahr später, 1885, kam es zur Berliner Kongo-Konferenz, bei der Afrika zwischen den europäischen Mächten aufgeteilt wurde. Das Kongogebiet wurde Privateigentum des belgischen Königs, was eine grausame Ausbeutungsphase zur Folge hatte.
Hiervon ist in der betriebsamen Marktszene natürlich noch nichts zu sehen. Links wird ein Ferkel zum Kauf oder Tausch angeboten, ein paar Frauen unter dem Baum versuchen die Aufmerksamkeit eines Ziegenhirten zu erreichen. Weiter rechts werden Datteln angeboten und Hühner geschlachtet. Der Europäer mit dem auffallend, breitem Hut scheint sich dafür zu interessieren. In der zweiten Ebene, dem Hintergrund kommt ein Fischer mit seinem Fang das Ufer herauf, Krieger ziehen vorbei und einige Eingeborene verhandeln mit zwei Weißen unter ihren Tropenhelmen. Ganz rechts ist ein Fort auf einem Hügel zu sehen.

 
 

Bild 3 führt uns an die westliche Südküste Afrikas. Das Lüderitzland, erworben durch den Kaufmann Adolf Lüderitz wurde am 24.4.1884 durch Bismarck unter deutschen „Schutz“ gestellt. Deutsch-Südwestafrika entstand. Der portugiesische Name des Ortes „Angra-Pequena“ bedeutet „kleine Bucht“. Erst später wurde die gewachsene Siedlung in „Lüderitzbucht , bzw. Lüderitz umgetauft und heißt so bis heute.
Außer dem Beladen eines typischen Ochsenwagens ist rechts das Kreuz auf der Diaz-Spitze zu erkennen und das auffällige Schild am Strand, das dem Ankömmling verraten soll, wessen Land das hier ist.
Das große Vogelhaus in der Bildmitte zeugt nicht unbedingt von reiner Tierliebe. Der Vogelkot, das Guano, war und ist bis heute ein wertvolles Abbauprodukt an der Küste.

 
 

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